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FV-Dosto vor dem Bundesgericht

der neue Doppelstöcker von Bombardier auf der Fahrt durch Weinberge.

FV-Dosto vor dem Bundesgericht

Inclusion Handicap zieht die Beschwerde gegen die befristete Betriebsbewilligung des neuen Doppelstockzuges (FV-Dosto) der SBB an das Bundesgericht weiter. Denn für Menschen mit Behinderungen ist der Grundsatz des autonomen Zugangs zum ÖV zentral. „Genau dieser wird hier aber massiv in Frage gestellt, darum bleibt uns keine andere Wahl als der Weiterzug an das Bundesgericht“, stellt Pascale Bruderer in der Pressemitteilung  des politischen Dachverbandes der Behindertenorganisationen der Schweiz vom 10. Januar fest. Die neuen Züge, so die Präsidentin von Inclusion Handicapn brechen das  Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG).

Der Schweizerische Zentralverein für das Blindenwesen SZBLIND unterstützt die Beschwerde vollumfänglich. "Für unsere ganze Generation wird es keine hindernisfreien Züge geben", sagt Gerd Bingemann, Interessenvertreter beim SZBLIND. "Bis 2060 werden die FV-Dosto-Züge auf dem Schweizer Schienennetz verkehren - ein Rückschritt für alle sehbehinderten und blinden Menschen".
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hatte Ende November 2018 die Beschwerde von Inclusion Handicap fast vollumfänglich abgewiesen. Der politische Dachverband kam nach eingehender Prüfung des Urteils zum Schluss, dass ein Weiterzug an das Bundesgericht in 9 von 11 Punkten unausweichlich ist. Die selbstständige Nutzung des Dostos ist für viele Passagiere mit Behinderungen nicht gewährleistet. "Ein Skandal in unserem Rechtsstaat", findet Bingemann, der selber blind ist.

Das Gericht hat in der Urteilsbegründung die Argumentation von Inclusion Handicap gänzlich aussen vorgelassen. Augenscheinlich wird dies im Fall der zu steilen Rampe im Ein- und Ausstiegsbereich: Das Gericht stützte sich auf europäische Normen (TSI-PRM). Diese erlauben eine Steigung von bis zu 15 Prozent und widersprechen nach Ansicht von Inclusion Handicap dem BehiG sowie dem verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbot. Damit wird vielen Reisenden im Rollstuhl der Zugang verwehrt, da sie den Zug nicht selbstständig verlassen können. Doch auch für blinde und sehbehinderte Menschen birgt der neue Dosto-Zug Tücken: "Zum Beispiel sind in den bisherigen Fernverkehrsdoppelstockzügen IC 2000 die Aussenhandläufe vom Ober- ins Unterdeck bis zur Haltekante des Ausstiegs durchgezogen. In den neuen Bombardier-Zügen enden die Handläufe dagegen bereits zwei Treppenstufen zu früh. Das ist eine veritable Stolperfalle für blinde aber auch gehbehinderte Menschen, sagt Bingemann. "Hier wurde eine bestehende Norm einfach umgangen. Auch die Kundeninformations-Monitore spiegeln in den neuen Zügen mehr als in den alten, und die Beleuchtung blendet insbesondere in den Toiletten gewaltig“, sagt Gerd Bingemann.

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das die Züge für grösstenteils behindertengerecht hält, soll Inclusion Handicap insgesamt 252'000 Franken Partei-Entschädigung zahlen - je 126'000 Franken an die SBB und an den Zugbauer Bombardier. Diejenigen, die sich für behinderte Menschen und deren Rechte einsetzen, werden mit diesem Urteil gleich doppelt bestraft, nur weil sie den Mut hatten, auf Unzulänglichkeiten hinzuweisen.

Mit solch hohen Beträgen wird das Verbandsbeschwerderecht, so schreibt Inclusion Handicap in der Pressemitteilung, zur Farce: Kaum eine NGO  kann sich derartige Verfahren leisten, womit die Absicht des Gesetzgebers – die  Interessenverbände sollen die Umsetzung des Gesetzes überwachen und im Einzelfall mit  einer Beschwerde korrigierend eingreifen – faktisch torpediert wird. Inclusion Handicap wird deshalb auch die Parteientschädigung vor Bundesgericht anfechten. Der SZBLIND und Inclusion Handicap hoffen, dass das Bundesgericht das Urteil der Vorinstanz korrigiert.


Andrea Eschbach