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Für jedes Problem eine Lösung

Mäde Müller hilft einer Klientin den Weg zu ihrer Freundin zu memorisieren. Die Klientin orientiert sich mit dem Langstock.

Für ihre Klientinnen und Klienten mit Hörsehbehinderung und Taubblindheit ist Mäde Müller oft nicht nur Beraterin in Sachen Orientierung, Mobilität und Kommunikation, sondern auch ein erfinderischer Daniel Düsentrieb. Denn für Mäde Müller ist klar: Es gibt für jedes Problem eine Lösung. Man muss sie jedoch suchen und finden.

Die Begeisterung, mit welcher Mäde Müller ihren Beruf ausübt, ist offensichtlich. Aktuell berät sie rund 70 Personen mit Hörsehbehinderung. «Alle Klientinnen und Klienten haben unterschiedliche Ausprägungsgrade ihrer Sinneseinschränkung. Und entsprechend andere Bedürfnisse», erzählt sie. «Diese Verschiedenartigkeit trägt dazu bei, dass kein Tag dem andern gleicht, keine Beratung gleich verläuft.» So muss sich Mäde Müller bereits am frühen Morgen vor dem Kleiderschrank Gedanken darüber machen, welchen Klientinnen und Klienten sie im Lauf des Tages begegnen wird. «Wenn ich Beratungen mit Menschen mache, die ausschliesslich gebärden und ein stark eingeschränktes Sichtfeld haben, wähle ich uni schwarze Kleidung. So ist der Kontrast zwischen meinen gebärdenden Händen und meinem schwarzen Oberteil als Hintergrund am stärksten und die Gebärden für die hörsehbehinderten Menschen sind besser ersichtlich.»

Aus dem Effeff

In Kontakt mit taubblinden Menschen kam Mäde Müller vor vielen Jahren, als sie in einer Einrichtung für geburtstaubblinde Kinder arbeitete. «Mit Kindern, die von Geburt an weder sehen noch hören können, muss man eine ganz eigene Form der Kommunikation, eine eigene Form des Gebärdens entwickeln. Wir nannten die Gebärden entsprechend dem Namen des Heims: «Tanne»-Gebärden. Irgendwann kam ich zu dem Punkt, an dem ich die offizielle Gebärdensprache systematisch erlernen wollte», so Mäde Müller. Heute gebärdet sie wie aus dem Effeff.

Engagement über die Landesgrenze

Reha-Fachpersonen für hörsehbehinderte und taubblinde Menschen gibt es in der Schweiz gerade einmal sechs. Deshalb ist der internationale Austausch von grosser Bedeutung. Nicht selten werden zum Beispiel wichtige technische Entwicklungen durch Reha-Personen angestossen. «Immer wieder kommt es vor, dass wir bei Klientinnen und Klienten an die Grenzen des Machbaren stossen, was zum Beispiel ihre kommunikativen Einschränkungen betrifft. Wir möchten diese aber nicht akzeptieren und suchen so lange nach einer Lösung, bis wir sie gefunden haben», gibt sich Mäde Müller kämpferisch.

Genauso engagiert setzt sie sich auch zur Wehr, wenn sie beispielsweise im Hauptbahnhof Zürich Orientierung und Mobilität unterrichtet und eine Reisegruppe die weissen Leitlinien am Boden versperrt. Dann bittet Mäde Müller den Reiseleiter höflich, aber bestimmt, den Weg für ihren hörsehbehinderten Klienten freizugeben. «Das Ganze hat einen schönen Nebeneffekt: Die Leute – oft aus dem Ausland – werden sensibilisiert und vielleicht dazu animiert, etwas von den hiesigen Inklusionsbestreben mitzunehmen», schmunzelt Mäde Müller. Etwas weniger Verständnis bringt sie für jene Personen auf, die mit Stöpseln in den Ohren und dem Smartphone vor der Nase nicht erkennen, dass sie sich auf direktem Kollisionskurs befinden. «In diesem Fall bleiben wir, anstatt auszuweichen, stehen und warten die Reaktion ab. So können wir – zumindest im Einzelfall Aufmerksamkeit gegenüber Menschen mit einem weissen Stock erreichen.» 

Mitfühlen, nicht mitleiden

Grundsätzlich setzen die Beziehungen zu ihren Klientinnen und Klienten viel Vertrauen voraus. Wenn Mäde Müller zum Beispiel mit einer hörsehbehinderten Person übt, einen Weg in der Dämmerung allein mithilfe des weissen Stocks zu gehen, und sie sich dabei mehrere Meter hinter ihrer Klientin befindet, ist das gegenseitige Vertrauen entscheidend. «Die Klientin muss mir glauben, wenn ich ihr zutraue, den Weg alleine zu schaffen. Und ich muss darauf vertrauen, dass sie auch alles so macht, wie wir es am hellen Tag geübt haben.» Meistens klappt es. Und das Erfolgserlebnis ist auf beiden Seiten gross. Trotz der vertrauensvollen Beziehung, die zwischen Beraterin und zu Beratenden besteht, trennt Mäde Müller Berufliches und Privates. Ein gesundes Mass an Abgrenzung sei nötig, betont sie. Schliesslich hätten einige ihrer Klientinnen und Klienten einen sehr schwierigen Weg hinter oder noch vor sich. Von Mitleid möchte Mäde Müller jedoch nicht sprechen. «Es ist eher ein Mitfühlen, nicht ein Mitleiden.»